Disc Golf Europameisterschaft 2023 in Ungarn

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von Werner Riebesel

Es folgt die ausführliche Beschreibung meiner persönlichen Eindrücke als Teilnehmer. Wer nur die Kurzfassung lesen möchte, scrollt einfach ganz nach unten.

Einer der am schwierigsten zu bekommenden Startplätze für nicht-Elite-Spieler wie mich ist einer bei der Europameisterschaft. Die Startplätze bei der WM sind dagegen einfach zu erspielen, weil die Amerikaner gerne ein paar Ausländer dabei haben wollen – auch wenn die üblicherweise nichts mit der Entscheidung zu tun haben (Kristin Tattar mal ausgenommen).

Für die EM musste ich, nach PDGA-Rating sortiert, unter die besten 4 in Deutschland in meiner Division MP55 kommen. Das ist durchaus etwas anderes als eine DM zu gewinnen, weil erstens jedes Jahr neue, teils sehr gute Spieler aus jüngeren Divisionen nachrücken und zweitens ist das eine Jahreswertung und nicht nur die Leistung eines Turniers. Im November 2022 kam die Liste der qualifizierten Spieler heraus und ich war auf dem 3. Wartelistenplatz. Alle Leute mit EM-Erfahrung sagten, dass das so gut wie sicher ein Startplatz wird. Einige Wochen später wurde es einer.


Die EM findet alle 2 Jahre statt. Heuer das erste Mal zeitlich und räumlich getrennt: MPO, FPO und Juniors in Tallinn (Estland) und eine Woche später die Divisionen FP40 bis MP65 in Szarvas (2 Stunden östlich von Budapest in Ungarn).

Beleuchteter Springbrunnen in Szarvas mit der ungarischen Krone.

Informationen über das Turnier waren sehr schleppend verfügbar. Lange Zeit war die einzige Info, dass der Kurs sehr ähnlich zu dem der Central European Championship 2021 sein soll (bei dem Turnier dürfen interessanterweise keine Deutschen starten…). Das Areal ist in einem Arboretum, also einem sehr großen Park mit einer historischen Baumsammlung.

Der mittlere Teil von Bahn 15, links Christer, rechts Miroslavas.
Durch Hitze und Trockenheit aufgesprungener Boden vor Korb 7.

Der TD Dani Hatvani nannte das ‚disc golf heaven‘. Im Gegensatz dazu versprachen die Temperaturen eher höllisch zu werden. Angesagt waren bis zu 38 °C, die dann auch erreicht wurden. Die übereinstimmende Meinung aller Mitspieler war aber: ‚besser heiß als Regen‘.

Diese Hitze war ein Teil meines Konzepts, denn die meisten der Spieler, die im Rating vor mir lagen, waren Skandinavier. Da spekulierte ich darauf, dass einige von denen mit der Hitze Probleme bekommen würden. Durch weitere Absagen vor dem Turnier war ich, nach Rating sortiert, schließlich auf Platz 14 von 21 in meiner Division.

Nach 9 Stunden Anreise mit dem Auto gings am Sonntag auf die erste Trainingsrunde. Es gab für viele Bahnen mehrere Tees oder unterschiedliche Par-Vorgaben, um den körperlichen Möglichkeiten im Bereich von MP40 und MP65/FP50 gerecht zu werden.

Kursplan EMDGC 2023

Alle Bahnen waren kurz genug, dass ich ein birdie hätte spielen können. Allerdings gab es reichlich Bäume im Weg, viele enge Schneisen, zwei Inseln, reichlich OB und ein sehr schwieriges Mando.

Die letzten 40 % von Bahn 9 (par 5).

Nach weiteren zwei offiziellen Trainingsrunden stellte ich fest, dass ich in einer Runde meine Comets (Mid-Range) 12 Mal werfe, die Distance-Driver aber nur 5 Mal. Zudem kann man hier sehr oft Skip-Würfe brauchen, wenn man enge Kurven braucht oder unter den häufigen tief hängenden Ästen liegt.


Beim Players Meeting wurden alle anwesenden amtierenden oder ehemaligen Europameister vorgestellt. Das hat erstaunlich lange gedauert. Statistisch war einer von 9 anwesenden Spielern mal Europameister. Nach diversen entweder interessanten oder kurzen Ansprachen folgte der Einmarsch der Flaggen, wo ein Vertreter jedes Landes seine Flagge stolz an den Zuschauern vorbei trug und dann auf einer Leine aufhängte.

Flaggen der 26 teilnehmenden Nationen.

Ein Insider bemerkte, dass das mehr Länder als bei der WM waren, nämlich 26. Es wurde noch erwähnt, dass genau in meiner Division das durchschnittliche Rating am höchsten war. Das lag daran, dass es in den üblicheren Divisionen MP40, MP50, FP40 Startplätze nach Länderkontingenten gab, während MP55 nur nach Rating vergeben wurde.

Das deutsche Team war mit 13 Startern eines der größten.

In der ersten Runde spielte ich mit einem Niederländer und einem Litauer und kam mit zwei 6ern auf -2 gesamt. Das reichte für einen erfreulichen geteilten 7. Platz.

Oli Möllemann im Graben von Bahn 8 (180 m Waldweg mit OB auf beiden Seiten).

Die zweite Runde spielte ich wieder mit Miroslavas Jurgelevicius aus Litauen (die haben alle noch längere Namen als manche Finnen) sowie Oli Möllemann aus Berlin und Christer Christiansson aus Schweden. Mit den -5 für die Runde konnte ich mich auf den geteilten 5. Platz verbessern.

In der dritten Runde, mit Otfried Derschmidt aus Österreich, Jean-Louis Tanghe aus Belgien und Jouni Leskinen aus Finnland  waren ungefähr 14 meiner Drives nicht da wo sie hin sollten. Trotz heroischer Anstrengungen reichte es nur für eine +1. Damit war ich wieder geteilter 7. und hatte mich für das Finale der besten 50% qualifiziert.

Otfried bei der Annäherung auf Bahn 11.

In der Finalrunde hatten wir (rechts Tom Mathiesen aus Dänemark, in der Mitte Kari Vesala aus Finnland und ich) keinen Druck, denn die Spitze des Feldes war schon 12 Würfe enteilt. Kari bestritt seine 10. EM in Folge und betrachtet sich noch als Newcomer im Vergleich zu Paul Francz (7. EM-Titel, heuer bei den MP65) oder Charlie Mead (PDGA #1980 und Mitglied seit 1981).

Auch hier konnte ich mit einigen guten Putts die schlechten vorigen Würfe ausgleichen, es reichte aber wieder nur zu einer -2.

Am Ende kam der 8. Platz heraus, mit 2 Würfen Abstand nach vorne und 3 nach hinten (auf Per Gylle, der das höchste Rating in der Division hatte, aber auch ziemliche Probleme mit den extremen Temperaturen.)


Zuschauer bei der Siegerehrung.
Die gabs zu gewinnen.

Einziger Vertreter der deutschen Mannschaft auf dem Treppchen war Sportdirektor Wolfgang Kraus (rechts), der den 3. Platz in der Division MP60 erreichte

Weitere gute Platzierungen unseres Teams:

Antonia Faber: 4. FP40, Christine Hellstern: 4. FP50, Lucca Seipenbusch: 4. MP50, Jörg Eberts: 13. MP40.
Vollständige Ergebnisse siehe PDGA.


Fazit:

Der Kurs entsprach ziemlich genau meinen Fähigkeiten: nicht zu weit, lieber genau werfen. Allerdings zeigte er mir auch, dass meine Werfgenauigkeit noch deutlich ausbaufähig ist. Wenn ich ohne Zauberwürfe jede Bahn birdie spielen kann und dann die Runden -2 / -5 / +1 / -2 enden, dann ist da viel ungenutztes Potential.


Kurz und knapp:

  • In der Saison 2022 den EM-Startplatz erspielt
  • Bei der EM den Cut der besten 50 % geschafft
  • Chase card im Finale erreicht
  • Turnierschnitt über meinem Rating gespielt
  • 8. Platz von 21 in meiner Division MP55